Hallo, ich bin Leo, 28 Jahre alt, Transmann, Papa von zwei wundervollen Kindern und lebe mit Diabetes Typ 1 LADA. Ich möchte euch ein bisschen aus meinem Leben erzählen, um zu zeigen, wie es ist, trans zu sein und gleichzeitig mit einer chronischen Erkrankung wie Diabetes zu leben.
Was bedeutet es, trans* zu sein?
Trans* Menschen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Das bedeutet, dass trans* Personen oft auf verschiedene Weisen ihren Körper und ihr Leben anpassen, um mit ihrer Geschlechtsidentität übereinzustimmen. Es gibt unterschiedliche Wege, diesen Prozess zu gestalten – manche entscheiden sich für medizinische Maßnahmen wie Hormone oder Operationen, andere nicht. Jeder Weg ist individuell und verdient Respekt.
Zu Beginn ist mir wichtig zu sagen, dass meine Geschichte nur meine eigene ist. Jede trans* Person macht unterschiedliche Erfahrungen, und das, was ich erlebt habe, muss nicht auf andere zutreffen. Trotzdem hoffe ich, dass meine Perspektive Mut machen kann.

Meine Diagnose und der Umgang mit Diabetes
Meine Diabetesdiagnose kam vor ein paar Jahren – und um ehrlich zu sein, war sie für mich eher eine Erleichterung als ein Schock. Schon lange hatte ich extremen Durst, musste ständig zur Toilette und hatte häufig Kopfschmerzen. Ich war sogar ein Jahr vor meiner Diagnose bei meiner Hausärztin wegen Verdachts auf Diabetes, jedoch wurde der Diabetes zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkannt. Das hat mich verunsichert, weil ich das Gefühl hatte, irgendwas stimmt nicht mit meinem Körper. Ein Jahr später, bei einer Untersuchung für meinen neuen Job als Erzieher, wurde es dann endlich festgestellt. Ich war richtig froh, endlich zu wissen, was los ist, und vor allem, dass mir geholfen werden kann.
Am Anfang meiner Diabetes Typ 1 LADA Diagnose musste ich noch gar kein Insulin spritzen, weil mein Körper noch genug Eigeninsulin produziert hat. Erst ein halbes Jahr später hat sich das verändert, und ich musste mit dem Spritzen anfangen. Seitdem ist mein Insulinbedarf durch den LADA-Diabetes sehr schwankend. Mein Faktor ändert sich oft, und ich muss meine Dosen ständig anpassen. Interessant ist, dass ich nach meiner Testosteronspritze regelmäßig weniger Insulin brauche – Hormone haben also einen großen Einfluss auf meinen Blutzucker. Ich musste allerdings auch erst selbst herausfinden, dass es dort einen Zusammenhang gibt. Ein Freund von mir, der ebenfalls trans ist und Diabetes hat, hat dasselbe bemerkt. Da mein Insulinbedarf insgesamt noch recht gering ist, kommt eine Insulinpumpe für mich aktuell nicht infrage, auch wenn sie sicher vieles erleichtern würde.
Operationen und der Umgang mit Dysphorie
Rückblickend hätte ich die Diabetesdiagnose früher gebraucht, besonders wegen meiner geschlechtsangleichenden Operationen. Elf Eingriffe habe ich hinter mir, darunter eine Mastektomie (Brustentfernung) und eine Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke). Immer wieder gab es Komplikationen, vor allem mit der Wundheilung. Das war körperlich und mental sehr belastend, und der unentdeckte Diabetes hat das alles sicher nicht leichter gemacht. Meine Narben sind nach der Brustentfernung leider ziemlich breit geworden, dass für mich nur noch ein Tattoo geholfen hat, um mich richtig wohl zu fühlen. Nach meiner Mastektomie hatte ich eine besonders schwere Zeit, weil mein Körper für mich nicht zusammengepasst hat – oben sah ich mich, wie ich sein wollte, aber unten fühlte sich alles falsch an. Zusätzlich hatte ich noch lange meine Periode, was für mich extrem belastend war, da ich sie immer sehr stark, schmerzhaft und langanhaltend hatte. Um das zu stoppen, habe ich eine Depotspritze bekommen, die eigentlich für Frauen in den Wechseljahren gedacht ist. Zwar blieb die Blutung dann aus, aber die Schmerzen blieben weiterhin. Das hat sich erst nach meiner Hysterektomie geklärt.
Was mir in dieser Zeit geholfen hat, waren Geduld, gute Wundpflege und die Unterstützung durch Therapie. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, dem Körper Zeit zu geben, sich zu erholen. Dinge wie nicht rauchen, keine schweren Lasten tragen und genug Ruhe waren für mich essenziell.
Die Herausforderung, Hilfe zu finden
Gerade als trans* Person ist es oft schwierig, die richtige medizinische und psychologische Unterstützung zu bekommen. Viele Fachleute haben wenig Erfahrung mit trans* Tthemen, was manchmal zu Missverständnissen oder Unsicherheiten führt. Außerdem stoßen wir in der Gesellschaft oft auf Vorurteile, die es zusätzlich erschweren, ernst genommen zu werden oder passende Hilfsangebote zu finden. Auf einen Therapieplatz für eine Therapeutin, die auf trans* Menschen spezialisiert ist, musste ich zum Beispiel ein halbes Jahr warten. Um die erste Operation machen zu dürfen, weitere 1 ½ Jahre. Es braucht Mut und Ausdauer, um für die eigene Gesundheit einzustehen – und ich kann nur ermutigen, diesen Weg zu gehen.
Mein Alltag mit Kindern, Terminen und Selbstfürsorge
Zusätzlich jongliere ich alle drei Monate Arzttermine: beim Diabetologen, beim Endokrinologen wegen meiner Testosterontherapie (die ich seit 2016 mache) und beim Neurologen wegen meiner Migräne. Ich gehe auch wieder zur Therapie, da unter anderem die elf Operationen und der Diabetes nicht spurlos an mir vorbeigegangen sind. Diese ganzen Termine zu organisieren, ist manchmal herausfordernd, vor allem als Papa von zwei kleinen Kindern, aber ich weiß, wie wichtig sie für meine Gesundheit sind.
Ein großer Dank geht an Organisationen wie Blickwinkel e.V., die auch trans* Themen sichtbar machen und sich klar gegen Hass und Hetze positionieren. Solche Orte bieten Sicherheit und ein offenes Ohr für alle, die Unterstützung brauchen. Ich teile meine Geschichte, weil ich hoffe, dass sie anderen zeigt: Ihr seid nicht allein. Egal, wie schwierig der Weg manchmal erscheint – es lohnt sich, dranzubleiben und für sich selbst einzustehen.
Anmerkung der Redaktion: Für weitere Begriffserklärungen, Informationen und aufkommende Fragen zum Thema verlinken wir hier den Ratgeber des Bundesverband Trans* e.V.: Trans* ganz einfach (Download).
Danke für das Teilen deiner Erfahrungen. Es ist schon eine doppelte Belastung während der Transition mit Dysphorie klarzukommen und dann noch eine Diabetes Diagnose zu kriegen. Habe ich als Trans*frau genau so erlebt. Ebenfalls mit Kids. Für mich war die Diagnose aber keine Erleichterung, da damit auch das Risiko für eingeschränktere Wundheilung bei etwaigen OPs offengelegt wurde. Die würde ich jetzt eher nicht mehr machen, auch um nicht zu lang für die Kinder auszufallen. Sehr spannend was du in Bezug auf Testosteron schreibst, die Wirkung in Kombi mit Diabetes ist ja bekannt, deshalb finde ich es total cool, dass deine Transition dir an dieser Stelle beim Leben mit Diabetes quasi ja ein bisschen hilft. Das ist bei Trans*frauen, die Testosteronblocker…